Aus der Geschichte von St. Michael
Omnia tempus habent.
Alles hat seine Zeit.
























Aus der Geschichte unserer Realschule
Als die Realschule am 1. Oktober 1950 eröffnet wurde, lag das Schulhaus an der Michaelstraße – heute „Altbau“ genannt – größtenteils noch in Trümmern. Aufgebaut war lediglich der Trakt über der Klosterpforte (heute Schwester Theresias Büro, die Jugendbücherei und darüber der „alte Physikraum“ und einige Klassenräume). Das so genannte „St. Elisabeth“ (wo heute der Aulaflügel steht) war nicht so stark beschädigt gewesen durch den Angriff vom 27. März 1945 und konnte ab 1947 mit mehreren Klassenräumen, einer Turnhalle und Zimmern für die Internatsschülerinnen benutzt werden. Natürlich reichten die vorhandenen Räume noch nicht für beide Schulen aus. Deshalb wurden in der obersten Klausuretage Klassenräume geschaffen. Besonders beliebt war dort die „Verandaklasse“ wegen ihrer weiten Aussicht. Auch im Erdgeschoss des Klosters wurde ein großer Raum für die Schule zur Verfügung gestellt. 1951 war darin z. B. eine Anfangsklasse der Realschule mit 53 (!) Schülerinnen untergebracht. Eine Schulpforte gab es noch nicht. Die Schülerinnen gelangten durch eine von Trümmern befreite Passage etwa dort, wo sich heute die „alte Turnhalle“ befindet, auf den Schulhof.
Nach und nach wurde das Schulhaus an der Pader wieder aufgebaut: zunächst der Teil zum Schulhof hin bis zur heutigen Schuleingangshalle. Die Schaukästen auf den Fluren waren damals die Fenster zur Straße hin! Bis zur Fertigstellung dieses Teils hatten wir noch keine Schulküche. Der Kochunterricht durfte dank des Entgegenkommens der Stadt in der Schulküche der Karlschule sein. Ab Ostern 1953 konnte unsere eigene Schulküche in Betrieb genommen werden. Ausgestattet war sie mit drei Gasherden, einem Elektroherd und einem Kohleherd, „damit die Schülerinnen auch mit den Tücken eines solchen umzugehen lernten“, wie es in der Klosterchronik heißt.
Dafür kamen die „Kochklassen“ aber in den Genuss eines eigenen Esszimmers neben der Schulküche, das heute als Sprechzimmer benutzt wird.
Nachdem die erste Hälfte (zum Schulhof hin) fertig gebaut war, wurde der Teil zur Straße hin in Angriff genommen. Dort konnte aber nur nachmittags gearbeitet werden, damit der Schulunterricht nicht durch die Bauarbeiten gestört wurde. Trotzdem wuchs der Bau zügig, und am 10. Dezember 1954 wurde die Schulpforte mit der Eingangshalle (an der heutigen Stelle) für den „Verkehr“ geöffnet!
Bis zum Sommer 1958 war auch der letzte Wiederaufbauabschnitt (von der Schulpforte bis zur Turnhalle) beendet, und das 300-jährige Jubiläum des Michaelsklosters konnte gefeiert werden, wobei die „neue“ Turnhalle als Festsaal bzw. Aula diente. Diese „Ehre“ hatte sie bis 1967. Allerdings mussten zu jeder Veranstaltung dort Stühle aufgestellt und nachher wieder fortgeräumt werden. Sie wurden bis zur nächsten Aufführung im Geräteraum gestapelt. Das Holen, Aufstellen und Wegtragen war bei den Schülerinnen gar nicht beliebt!
Jede Erweiterung des Schulgebäudes machte natürlich Umzüge von Klassen- und von Fachräumen nötig. Zu Beginn der sechziger Jahre war abzusehen, dass die bereits vorhandenen Räume der wachsenden Schülerinnenzahl und den Anforderungen der Zeit nicht mehr genügen würden. Es wurde daran gedacht, das Gebäude „St. Elisabeth“ aufzustocken. Doch dazu erteilte das Bauamt keine Genehmigung, weil das Haus nach dem Krieg nur „behelfsmäßig aufgebaut worden sei und das Mauerwerk ein weiteres Stockwerk nicht tragen könne“. Es blieb nur eine Möglichkeit, den notwendigen Raum zu schaffen: Der Bau musste abgerissen und ein ganz neuer, moderner an dessen Stelle errichtet werden. Wo aber sollten die Klassen aus „St. Elisabeth“ in der Zwischenzeit bleiben? Im Garten wurde eine Baracke mit neun Klassenräumen aufgestellt. Ab 13.12.1963 konnten sie benutzt werden. Die Holzwände waren natürlich dünn, und wenn Herr Gudemann, unser Mathelehrer, in einer Klasse unterrichtete, hörten zumindest die Nachbarklassen manchmal mehr auf ihn als auf den eigenen Unterricht! Die Übergangszeit bis zur Fertigstellung des Neubaus dauerte bis zum 1. September 1965. Sechzehn Klassen konnten an diesem Tag in den Neubau einziehen. Die Aula selbst – als Verbindung zwischen Alt- und Neubau – war 1967 fertig. Die ersten Entlassungsfeiern des Gymnasiums und der Realschule konnten im Sommer dort stattfinden. Die Aula ist dafür „verantwortlich“, dass der damalige Neubau den Namen „Aulaflügel“ erhielt.
Ein weiterer Neubau folgte nämlich in den Jahren 1974 bis 1977. Er war vor allem für den naturwissenschaftlichen Unterricht geplant. Die Chemie-, Physik- und Biologieräume wurden mit den damals modernsten Einrichtungen ausgestattet. Eine Doppelturnhalle neben dem Foyer konnte dem aus Raummangel nur eingeschränkt erteilten Sportunterricht abhelfen. In der obersten Etage dieses Neubaus, der seinen Namen übrigens bis heute behalten hat (weil ihm kein anderer mehr folgte), gab es neben einem großen Kunstraum und einem Fotolabor auch noch Platz für mehrere Klassenräume, ebenso in der zweiten Etage.
Im Zusammenhang mit der Errichtung des Aulaflügels wurden auch der Schulhof und der Garten umgestaltet. Es entstanden eine Pausenhalle und hinten im Garten ein großer Sportplatz. Ein Teil des Gartens wurde dem Schulhof „geopfert“, da der Aulaflügel größer und breiter war als das alte „St. Elisabeth“. Die Gemüse- und Blumenbeete im Garten mussten Rasenflächen weichen, die als Sportflächen genutzt werden sollten. Auch eine Gymnastikhalle wurde gebaut, die aber später im Neubau „unterging“.
In den Anfangsjahren herrschte bei uns wie an allen Schulen strenge Disziplin! Am Ende der großen Pause stellten sich alle Schülerinnen paarweise an dem für ihre Klasse bestimmten Platz auf und zogen dann schweigend (!!) durch die verschiedenen Eingänge in die Schule ein.
Auch eine „Kleiderordnung“ gab es: Schuhe mit „Pfennigabsätzen“ waren verboten, ebenso der Gebrauch von Make-up. Wenn Eltern wünschten, dass ihre Tochter (natürlich nur im Winter!) eine lange Hose trug, musste in der Schule ein Rock darüber angezogen werden! Einige Jahre später kam die „Minimode“ auf. Da waren lange Hosen doch noch anständiger als die kurzen Röckchen, und die Hosen wurden „schulfähig“… Heute müssen wir die Schülerinnen gelegentlich darauf hinweisen, dass sie die Schule nicht mit dem Strand verwechseln.
Früher wurde die Schule sehr ernst genommen. Wer unsere Schule besuchen wollte, musste sich vorher einer Prüfung unterziehen, die nicht leicht war. Die Kinder des 4. oder auch 5. Jahrgangs der Volksschule kamen drei Tage zum Probeunterricht. In Gruppen von je 15 bis 20 Schülerinnen wurden sie von einer vom Schulrat bestimmten Volksschullehrerin und einer Lehrkraft unserer Schule unterrichtet. An jedem der drei Tage wurde eine schriftliche Arbeit gemacht, und zwar Rechnen, Diktat, Aufsatz. Die mündlichen und schriftlichen Leistungen wurden bewertet und bildeten die Grundlage für das Bestehen oder Nichtbestehen der Aufnahmeprüfung. Den Schülerinnen, die die Prüfung bestanden hatten, wurde an mehreren Sonntagnachmittagen vor den Osterferien Gelegenheit gegeben, ihre zukünftige Schule kennen zu lernen. Einen Tag der offenen Tür wie heute kannte man damals noch nicht. Mit Eltern, Geschwistern, Großeltern und sonstigen Verwandten wurden sie dann – vor allem von Mutter Liboria – durch das Haus geführt.
In der 10. Klasse der Realschule wurden zwischen Weihnachten und Ostern so genannte Jahresarbeiten geschrieben. In jedem (!!) wissenschaftlichen Fach wurde eine mehrstündige Klassenarbeit auf DIN-A4 Blättern gefordert aus dem Stoffbereich nicht nur des letzten Halbjahres oder der letzten vier Stunden, sondern des ganzen Schuljahres!
Dreimal im Jahr gab es Zeugnisse: vor den Sommerferien, zu Weihnachten und zu Ostern! Später wurden sie auf zwei reduziert, die im Oktober und zum Versetzungstermin ‑ also zu Ostern ‑ ausgestellt wurden. Alle Zeugnisse hatten ganz oben die „Kopfnoten“ für „Führung“, „Mitarbeit im Unterricht“, „häuslicher Fleiß“ und „Ordnung“. Mit der Umstellung des Schuljahrsbeginns auf den 1. 8. änderten sich die „harten“ Bestimmungen. An die Stelle der Aufnahmeprüfungen traten die Gutachten der Grundschule. Jahresarbeiten und Kopfnoten entfielen. Heute wird wieder darüber diskutiert, solche Kopfnoten einzuführen.
Bis 1966 begann das Schuljahr offiziell jeweils am 1.4., d. h. nach den Osterferien. Um den Schuljahrsbeginn in den westlichen Ländern Europas einheitlich zu handhaben, wurden in Nordrhein-Westfalen durch das Kultusministerium zwei Kurzschuljahre angeordnet: das erste vom 1.4. bis 30.11.1966, das zweite vom 1.12.1966 bis 31.7.1967. Ohne Ferien, allerdings mit Versetzungszeugnissen, schlossen die beiden Schuljahre „pausenlos“ aneinander an.
Auch der Fächerkanon änderte sich. Zugunsten der wissenschaftlichen Fächer wurden Gartenbau, Hausarbeit, Säuglingspflege, Stenografie und Schreibmaschinenunterricht nicht mehr erteilt. Am Französischunterricht nahmen in der 7. Klasse alle Schülerinnen teil, um die Sprache kennen zu lernen. Ab Klasse 8 wurde es Wahlpflichtfach. Das bedeutet, dass die „Nicht‑Franzosen“ nicht mehr frei hatten, wenn ihre Mitschülerinnen die 2. Fremdsprache paukten. Sie mussten dafür am „Ostkundeunterricht“ oder später an „Linguistik“ teilnehmen, wir boten diese als Alternativfächer an. Als die Differenzierung in der Realschule eingeführt wurde – zunächst noch freiwillig, nach einigen Jahren verpflichtend -, boten wir in Klasse 8 Sozial- und Wirtschaftskunde an, das in der 9. und 10. Klasse fortgeführt werden konnte, wenn man nicht ein Fach aus dem naturwissenschaftlichen Bereich (bei uns Biologie) oder eines aus dem musisch-künstlerischen Bereich (bei uns Kunst) wählen wollte. Das Fach Politik wurde in den für alle Schülerinnen verpflichtenden Fächerkanon aufgenommen.
Den Höhepunkt eines jeden Schuljahres bildete das Fest des hl. Petrus Forerius, unseres Ordensstifters, das am 7. Juli mit vielen Darbietungen und Aufführungen gefeiert wurde. Unvergessen bleibt sicher der Zirkus „Michapadoni“, der uns 1955 mit seinen Affen, Giraffen, Elefanten, einer Riesenschlange, mit Akrobaten, Zigeunern, Indianern und Chinesen erfreute. Alle Kostüme und Masken waren im Werkunterricht unter „Mutter Klaras“ Anleitung entstanden – übrigens die Idee auch! 1956 begingen wir das Fest als „Schützenfest“ mit einem zünftigen Königspaar – mit Vogelschießen am Tag vorher! – mit Hofstaat, Fahnenparade aller Klassen. Jede „Kompanie“ hatte sich einen Namen gewählt und eine Fahne gestaltet. Da gab es z. B. „Die müden Helden“, „Die Verregneten“, „Die Politiker“. Der Phantasie waren keine Grenzen gesetzt. In ähnlicher Weise wurde 1959 eine große „Blumenschau“ arrangiert. Alle Klassen stellten durch ihren Kopfschmuck eine Blume dar. Im Festzug durch Haus und Garten sah man dann Mohnblumen, Margariten, Sonnenblumen, Pfirsichblüten, Narzissen, selbst Kakteen! Ein überaus farbenprächtiges Bild bot sich den Zuschauern. Auch Anfang der sechziger Jahre standen die Feste noch unter einem bestimmten Thema, z. B. „Völkertreffen in St. Michael“.
Aber als der Schuljahrsbeginn auf den 1.8. verlegt worden war, konnte so kurz vor dem Versetzungstermin keine große Feier mehr vorbereitet und durchgeführt werden. Außerdem wurde durch die Liturgiereform nach dem 2. Vatikanischen Konzil das Fest unseres Ordensstifters auf seinen Todestag, den 9. Dezember, verlegt. Seitdem wurde das Fest des hl. Erzengels Michael, unseres Schul-, Kirchen- und Klosterpatrons, als Schulfest begangen, oft als „Kirmes“ und mit allen möglichen Belustigungen wie Sackhüpfen, Ponyreiten, mit Verlosungen, billigen Einkaufsmöglichkeiten, mit Café und Imbissständen. Alle zwei Jahre stand auch eine Schulfahrt (im überlangen Sonderzug der Deutschen Bundesbahn mit Tanzwagen) auf dem Programm, z. B. nach Bremen, an den Rhein, in den Harz und ins Sauerland.
Früher berücksichtigte man die „Bitttage“ vor Christi Himmelfahrt in der Schule. An einem der drei Tage zog eine Bittprozession durch den Garten, an der selbstverständlich alle Schülerinnen betend und singend teilnahmen. Anschließend zelebrierte Herr Rektor Franzkowiak die hl. Messe auf dem so genannten Bunker, einem Relikt aus der Kriegszeit, das dem Neubau von St. Elisabeth weichen musste.
Der Bunker mit seinen Blumen, Steinen und verschiedenen Pflanzen war das hauptsächliche „Einsatzgebiet“ für die Schülerinnen im „Gartenbau“ unter „Mutter Giselas“ Regie. Wie es dabei zu ging, steht in der Abschlusszeitung von 1965 zu lesen. „Wilde Gesellen, vom Sturmwind durchweht, Mädchen mit Harke und Hacke ziehn wir dahin, wo der Apfelbaum steht, zünftig mit Holschen (Holzschuhen) und Jacke. Ob uns auch Bagger und Schieber verjagt ‑ uns geht die Sonne nicht unter. Ob Hitze oder ob Kälte uns plagt, wir graben hurtig und munter.“
„Uns geht die Sonne nicht unter“ – auch nach 50 Jahren nicht! 1975 feierten wir das „silberne Jubiläum“ der Realschule mit einer hl. Messe in der Kirche Maria zur Höhe, wo Herr Rektor Franzkowiak inzwischen Pfarrer war, mit einem Festakt in der Aula und am Nachmittag mit vielen, vielen lustigen Spielen. In Erinnerung ist mir vor allem das Wettessen von Negerküssen, wo jeweils ein Lehrer bzw. eine Lehrerin und eine Schülerin gegeneinander auftraten mit Eischaum und Schokolade im Gesicht das „Schlachtfeld“ verließen!
„Uns geht die Sonne nicht unter!“ Mit Gottvertrauen und in froher Zuversicht beginnen wir das zweite halbe Jahrhundert der Realschule St. Michael! Gottes Segen der ganzen Schulgemeinschaft!
M. Remigia Schulze‑Eckel
(Sr. Remigia hat diesen Text für mich im Jahr 2000 geschrieben. Seinerzeit hatte ich die Website unserer Realschule entwickelt und verwaltet.)




































Die bisherigen Schulleiterinnen der Realschule St. Michael



